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Pressemitteilung: Positionspapier der äg Nord zur Bundestagswahl im September 2021

30.08.2021 | Pressemitteilungen, Stellungnahme

Unabhängig von den vorliegenden Parteiprogrammen hat die
Ärztegenossenschaft Nord (äg Nord) grundsätzliche Vorstellungen für die Zukunft der Gesundheits- und Sozialpolitik.

1. Freiheit der ärztlichen Berufsausübung (Freiberuflichkeit und Subsidiaritätsprinzip):

Sie ist, ob angestellt oder selbstständig, unverzichtbar, um eine vertrauensvolle Beziehung zum Patienten – frei von Interessen Dritter – zu gestalten, die dem Patienten- und Gemeinwohl gleichsam dient. Ein freier Beruf regelt seine Belange durch Selbstverwaltung und Berufsordnung eigenständig – bedarfsgerechtes und ökonomisch verantwortliches Handeln inbegriffen (Eigenkontrolle). Professionalität und (Selbst)Verantwortung sind zukunftsorientiert und nicht nur unter Pandemiebedingungen anzuerkennende, tragende Säulen des ärztlichen Berufsstandes.

2. Faire und leistungsgerechte Honorierung:

Ein freier Beruf verdient eine faire und zeitgemäße Gebührenordnung (GOÄ). Die zwischen PKV und Ärzteschaft ausgehandelte, lange überfällige neue GOÄ muss endlich von der Regierung unter Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Aber auch das Honorarsystem der GKV ist dringend auf moderne Versorgungsformen umzustellen, unter Berücksichtigung der fach- und sektorenübergreifenden Konzepte (s.u.). Der Anreiz zu Kooperationen, Qualitätszielen und patientenzentrierter Versorgung ist zu fördern. Niedergelassene Haus- und Fachärzte*innen müssen bei ständig steigenden Versorgungsansprüchen und Lohnkosten, investieren, ihrem Personal (MFA) leistungsgerechte Gehälter zahlen und Inflationsverluste ausgleichen können. Die Instrumente der Budgetierung und des Regressierens sind daher endlich zu beenden!

3. Ambulant vor stationär:

Dies darf nicht zur Phrase verkommen. In Partnerschaft mit den Kliniken sind hier Leistungsbereiche unter einheitlicher Vergütung auszubauen, im Interesse der Patienten und aus Kosten-Nutzen-Erwägungen. Beispielhaft sei das ambulante Operieren genannt, auch dies mit angemessener und verlässlicher Finanzierung. Der Orientierungspunktwert im ambulanten Bereich muss dem Anstieg des stationären Sektors folgen, sonst verlieren die Praxen den Anschluss und ihr Personal (MFA) an die Kliniken, die höhere Gehälter zahlen können.

4. Selektivverträge sichern:

Selektivverträge sollten vorrangig einer dauerhaften Finanzierung zugeführt und nicht bei einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik der aktuellen Kassenlage geopfert werden, wenn sie effizient und einer Regelversorgung überlegen sind. Selektivverträge müssen zu einem festen Standbein der Versorgung werden, so lassen sich Innovationen und neue Versorgungsformen weiterentwickeln.

5. Integrierte und besondere Versorgungsformen fördern:

Neben Einzelpraxen sind regional auch größere Versorgungseinheiten unter Landesaufsicht zu fördern, die eine multiprofessionelle, intersektorale Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe und Gruppierungen auf Augenhöhe zulassen. Entsprechende Modelle, aufbauend auf bestehenden Versorgungsstrukturen wie z.B. Arzt- und Praxisnetze (Bottom-up-Ansatz), müssen durch neue gesetzliche und finanzielle Regelungen dauerhaft ermöglicht werden. Da es sich um Daseinsfürsorge handelt, ist reines Kapitalinteresse auszuschließen, die Krankenkassen/Kostenträger sind einzubeziehen. Langfristig bedarf es einer Reform des überbürokratischen und unzeitgemäßen SGB V in Kombination mit dem SGB XI. Zur schnelleren Übergangsregelung hat die äg Nord hierzu ein Konzept mit Neuformulierung eines § 140b SGB V erarbeitet. Auf dem Reisbrett konzipierte, staatlich organisierte und nicht auf den gegebenen Strukturen aufbauende Versorgungszentren sind abzulehnen (Top-down-Ansatz).

6. Digitalisierung:

Die durch schnell getaktete Gesetze und Sanktionen vorangetriebene Digitalisierung darf das Augenmaß für Datenschutz, Machbares und Sinnhaftes nicht verlieren und muss durch eine überzeugende Funktionalität zur Freiwilligkeit zurückfinden.

Bad Segeberg, 30.08.2021

Pressekontakt:
Ärztegenossenschaft Nord eG
Tel.: 04551 9999-0, E-Mail: kontakt@aegnord.de


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