Startseite 9 äg Nord 9 Wie stark gefährden investorenbetriebene Praxen und medizinische Versorgungszentren (iMVZ) die ambulante Versorgung?

Wie stark gefährden investorenbetriebene Praxen und medizinische Versorgungszentren (iMVZ) die ambulante Versorgung?

08.06.2022 | äg Nord, Info

Generalversammlung der Ärztegenossenschaft Nord eG
15.06.2022 von 15:00 Uhr – 18:00 Uhr in Bad Segeberg oder hybrid

In den letzten Jahren hat sich die Versorgungslandschaft in Deutschland tiefgreifend gewandelt – immer mehr externe Kapitalgeber investieren in medizinische Versorgungszentren (iMVZ). Nach der Privatisierung im stationären steht nun der ambulante Sektor im Fokus von Investoren, immer mehr gebiets- und fachärztliche MVZ-Ketten entstehen und machen auch vor dem hausärztlichen Bereich keinen Halt. So gibt es in Deutschland mittlerweile mindestens 5 Investoren u.a. aus Irland, Schweden und Finnland, die hausärztliche MVZ schon betreiben oder dies in absehbarer Zeit wollen.

Dies löst eine Reihe von Bedenken aus, auch in den Reihen der Ärztegenossenschaft Nord (äg Nord). „Wir befürchten Konflikte zwischen ärztlicher Behandlungsfreiheit und wirtschaftlichem Interesse“, so Dr. Axel Schröder, stellvertretender Vorsitzender der äg Nord. Die Konzentration auf lukrative Behandlungsfelder, die Präferenz auf wirtschaftlich starke Regionen und eine Einschränkung lokaler Entscheidungshoheit durch eine überregionale Unternehmensführung, all das kann sich einschränkend auf die freie Berufsausübung und Patientenbehandlung auswirken. Außerdem könnten iMVZ zu Spekulationsobjekten verkommen, die einer langfristigen Standortentwicklung entgegenwirken oder gar – beim Rückzug des Investors – regionale Versorgungsstrukturen gefährden. 

Kein Wunder also, dass die verfasste Ärzteschaft, zuletzt auf dem Deutschen Ärztetag 2022 in Bremen, und inzwischen auch einige Politiker die schnell steigende Zahl von iMVZ kritisch sehen. Eine Kernforderung ist daher, Transparenz bezüglich der Abrechnungsgeschehen und Geldflüsse in den iMVZ zu schaffen. Der Vorstandsvorsitzende der äg Nord, Dr. Svante Gehring, hat dazu in einem Gastbeitrag im Ärztenachrichtendienst gemahnt, dass, wer so etwas fordere, zunächst einmal selbst die Hose herunterlassen müsse, um vom Gesetzgeber ernst genommen zu werden. Er verwies dabei auf intransparente Geldflüsse innerhalb des KV-Systems und sehr geschäftstüchtige Kolleginnen und Kollegen in den eigenen Reihen. Wenn eine MVZ-Kette eine gute Leistung abliefern würde und alles mit rechten Dingen zuginge, so sei seine provokante Frage am Ende, ob sich die Ärzteschaft denn einem Wettbewerb um die beste Versorgung verweigern möchte?

Dazu fordert die äg Nord seit Jahren, dass nicht nur anerkannten Praxisnetzen, sondern auch anderen Organisationsformen wie Ärztegenossenschaften der MVZ-Gründerstatus zugesprochen werden sollte, um den Wettbewerb mit iMVZ bestehen zu können. Darüber hinaus hat die äg Nord eine alternative Idee zum Investor von außen entwickelt, die allen lokalen ambulanten Kräften, Krankenhäusern, Institutionen und Gesundheitsberufen im Gesundheitswesen erlauben würde, gemeinschaftlich und sektorenüberwindend z.B. unter dem Dach einer lokalen Gesundheitsgenossenschaften zusammenzuarbeiten. Diese Idee müsste aber erst im SGB V abgebildet werden, um eine solche kooperative Berufsausübung vom Verdacht der Korruption freizusprechen und eine Finanzierung zu gewährleisten.

Die äg Nord setzt sich, dort wo sie sich in der regionalen Versorgung engagiert, in der Nachbesetzung freiwerdender Praxissitze priorisiert für die Zulassungen in Selbstständigkeit ein. Alle dort Niedergelassenen werden in die Prozesse eingebunden. Erst wenn Engpässe drohen, wird auch ein MVZ in kommunaler Trägerschaft erwogen. „Die Sicherstellung der ambulanten Versorgung ist das Ziel, nicht der Aufbau konkurrierender Strukturen“, macht Dr. Gehring, selbst Hausarzt, klar.

Ferner sei wichtig, so Gehring, den Ärztinnen und Ärzten jederzeit die Möglichkeit der Rückabwicklung von der Anstellung in die Selbstständigkeit zu ermöglichen – dies sei unter der Führung von Investoren in der Regel nicht möglich. Die äg Nord hat diese Option zum festen Bestandteil ihrer Konzeption gemacht und als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben, um sich von iMVZ abzugrenzen.

Darüber hinaus schlägt die äg Nord dem Gesetzgeber bezüglich MVZ-Gründungen eine Kopplung an die Regionalität vor, die den dort tätigen Vertragsärztinnen und -ärzten die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte zuspricht. Auch sollten die Inhaberverhältnisse und Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträge offengelegt und auf den Praxisschildern ausgewiesen werden.

Diese Änderungsvorschläge im § 95 Abs. 1a SGB V sollen auf der kommenden Generalversammlung der äg Nord am 15.06. zur Diskussion stehen!

Wir laden unsere Mitglieder ein – kommen Sie vorbei und diskutieren mit uns!

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte Ihrer persönlichen Einladung. Hier gehts zum Termin.

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