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Vernunft im Gesundheitswesen – ausgerechnet an den Sektorengrenzen?

04.03.2020 | Info

Ein kurzer Blick auf das Grenzgebiet

Schleswig-Holstein war geprägt durch einen besonders hohen Anteil einer belegärztlichen Versorgung, mit im Bundesvergleich geringsten Kosten für stationäre Behandlung. Nach heutiger Erkenntnis eine für alle Beteiligten sinnvolle Struktur, die aber schrittweise abgebaut wurde – besonders aus finanzieller Fehlsteuerung.

Nach Ansicht des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und aktuell auch in einer „Gemeinsamen Frankfurter Erklärung“ von Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) mit dem Bundesverband der Belegärzte (BDB) ist eine sektorenübergreifende Vergütungsregelung zu finden, um die Patientenversorgung von der lobby-geprägten Hürde ambulant/stationär zu befreien. Dr. Svante Gehring, 1.Sprecher der ägNord: „Dies ist ökonomisch, strukturell und medizinisch absolut richtig und wird von der Ärztegenossenschaft Nord (ägNord) unterstützt.“

In Thüringen läuft hierzu ein kleines Modell, aber es bedarf umfassender Bereitschaft, mittels neuer Vergütungsformen die Wächter und Verteidiger der Sektorengrenzen zu überzeugen. Weder die Krankenhausgesellschaft noch die Kassenärztliche Bundesvereinigung waren außer mit Lippenbekenntnissen bisher bereit, für ein Belegarztsystem oder gar für ein Gesamtkonzept der Kooperation ambulant/stationär zu kämpfen.

Es bedarf einer politischen und finanztechnischen Weichenstellung, um der Vernunft zur Realität zu verhelfen. Die heutige Situation der Kliniklandschaft und der Irrwitz des EBM-Honorarsystems dürften die Bereitschaft zu einer vernünftigen Zukunftslösung an den verkrusteten Schnittstellen verbessern.

Die Kliniken haben mehrere Leistungs- und Kostenbereiche, die im DRG-System berechnet und abgegolten werden. Investitionen sind gesondert zu berücksichtigen und nicht mit einer Praxis vergleichbar, durch duale Finanzierung Aufgabe der öffentlichen Hand. Es bietet sich an, die ärztliche Leistung samt Nebenkosten für definierte Indikationen und Operationen aus einer DRG-Pauschale herauszurechnen, um sie als einheitliches Honorar oder auch nach prozentualem Bemessen sowohl der Klinik als auch dem Niedergelassenen zu vergüten. Dies sollte für alle stationsersetzenden oder belegärztlichen Leistungen gelten.

Das Ergebnis muss gerecht sein, es darf kein Anreiz zum Wechsel in verschiedene Vergütungsformen bestehen. DRG-angepasste Honorierung für ambulante/belegärztliche Leistung wird über das Instrument der Finanzierung die Sektorengrenze durchgängig machen und kann durch Kooperation mit Niedergelassenen etlichen Kliniken eine Zukunft bieten. „Eine große Chance für die gemeinsame Versorgung in ländlichen Regionen“, so Dr. Klaus Bittmann, Vorstandsmitglied der ägNord.

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