Statement von Dr. Axel Schroeder (stv. Vorsitzender äg Nord) zur PODIUMSDISKUSSION “Gesundheit: Was können und sollten wir uns noch leisten?” (27. November 2024)
Unsere Gesundheitsversorgung steht auf dem Kipppunkt.
Die deutsche Gesellschaft wird in den nächsten Jahren eine Gesellschaft der Alten. In 10 Jahren leben in Deutschland so viele Alte und Betagte, wie in keinem anderen Land. Diese demografische Entwicklung haben wir auf der Seite der Bürger, der Versicherten aber auch der Seite des Fachpersonals in den Praxen, Kliniken und in der Pflege, ferner bei den Ärztinnen und Ärzten usw.
Die begrenzten Personalressourcen sind eines, die Finanzressourcen das andere bei einer vermehrten Inanspruchnahme. Mit den Gesundheitsausgaben stehen wir an der Spitzte aber nicht in der Effizienz und dem medizinischen Outcome. Deshalb ist Handlungsbedarf.
Wir haben nicht mehr die richtigen Strukturen und auskömmliche Ressourcen, die falschen Ansätze in der medizinischen Versorgung und in der Gesundheitsvorsorge. Prävention spielt immer noch eine untergeordnete Rolle ebenso Gesundheitserziehung und Patientensteuerung.
Wir haben Überversorgung, Unter-und Fehlversorgung. Hinzu kommt ein unbegrenztes Leistungsversprechen der Politik mit einer übersteigerten Erwartungshaltung in der Bevölkerung.
Z.B. das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) führt in die falsche Richtung. Das Ziel war, die Fehlanreize des DRG-Systems zu beseitigen und das aktuell ungesteuerte Krankenhaussterben zu stoppen.
Ambulant vor stationär war immer die Devise. Als äg Nord sehen wir in der Ambulantisierung die Lösung. Medizinischer Fortschritt, Innovationen in der Medizin lassen mehr ambulant zu.
Ambulant vor stationär wird durch die geplanten Reformen nicht konsequent umgesetzt, sektorübergreifende Versorgung sieht anders aus.
Bei weniger Betten sollen ambulante Versorgungsebenen an den Kliniken, in der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung installiert werden. Dann bekommen wir in der Tat eine 2. Facharztschiene. Das stärkt nicht die Praxen. Viel mehr dünnt die ambulante Versorgung weiter aus. So wird eine sektorübergreifende Versorgung zwischen Praxen und Kliniken nicht funktionieren.
Wir stehen als äg Nord für mehr miteinander als nebeneinander. Eine Krankenhausreform gelingt nur mit einer qualifizierten, flächendeckenden ambulanten Versorgung. Wir brauchen bei zunehmender Inanspruchnahme, Chronisch Kranken, Mulimorbiden keine zusätzlichen Institutsambulanzen mit Haus- und Fachärzten in den Krankenhäusern. Haus- und fachärztliche Grundversorgung im Krankenhaus ist mehr als ein Notfallversorgung.
Deshalb darf man die ambulante Versorgung in den Praxen nicht demontieren.
Stattdessen benötigen wir die Abschaffung der Budgetierung, der Bedarfsplanung, weniger Bürokratie und Administration, eine funktionierende Telematik und auskömmliche Erträge, um den Nachwuchs künftig für unsere Praxen zu gewinnen. Im Gegensatz zu den Kliniken erhalten Praxen keine Investitionshilfen. Durch den Krankenhaus-Transformationsfond wird der Wettbewerb noch verstärkt.
Politik denkt primär in Richtung Krankenhaus. Ohne Praxen bricht die medizinische Versorgung zusammen. Das haben wir in der Pandemie gesehen.
Wir sehen Potential in einer regionalen Versorgung, in regionalen Versorgungszentren, in Kooperationen und Aufgabenteilungen unter den der Heil – und Gesundheitsberufe als flankierende Maßnahmen.
Alles kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem!
Ja wir brauchen leistungsstarke und ausreichend finanzierte Krankenhäuser und Praxen, um die medizinische Versorgung zukunftsfähig zu gestalten mit mehr Eigenverantwortung der Bürger und Patienten.
Dann können wir uns weiterhin eine umfassende Gesundheitsversorgen in Deutschland leisten.