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Neues Regelungspaket für Poolärzte, ein Weg in die richtige Richtung?

26.07.2024 | Gesundheitspolitik

Auf Bundesebene ist nach einem „intensiven Dialogprozess“ zwischen den beiden Bundesministerien, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), sowie einigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) jetzt eine Regelung mit bestimmten Voraussetzungen erstellt worden, um künftig im vertragsärztlichen Notdienst wieder Poolärzte auf Basis einer selbstständigen Tätigkeit in den Bereitschaftsdienst einzusetzen. Hintergrund ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom Oktober 2023, die unterschiedlichen Personengruppen im Einzelnen zu identifizieren und die Einschätzung der Beitragsbelastung für KVen und Poolärzte.

Eine endgültige Bewertung des Regelungspaketes für Poolärzte kann aus Sicht der Ärztegenossenschaft Nord (äg Nord) noch nicht vorgenommen werden. Es kommt jetzt auf die Ausgestaltung dieser Regelungen seitens des Gesetzgebers (Bund), der Deutschen Rentenversicherung und den Kassenärztlichen Vereinigungen an, wie die praktische Umsetzung erfolgt.

Man hat mit Akribie ein Regelungspaket geschnürt, das eine kleinteilige Ausgestaltung des vertragsärztlichen Notdienstes erfordert und das an drei Voraussetzungen geknüpft ist, damit die selbstständige Tätigkeit im vertragsärztlichen Notdienst gegeben ist.

  1. Die Ärzt:innen im Notdienst rechnen selber die von Ihnen erbrachten Leistungen mit eigener Abrechnungsnummer ab. Ihre tatsächlich erbrachten Leistung werden also vergütet. Die Bereitschaftszeit in der Anlaufpraxis und im Fahrdienst von bis zu 18 Stunden wird damit nicht mehr vergütet? Diese Frage ist nicht geklärt. Als äg Nord fordern wir, auch die Bereitschaftszeit nach wie vor zu vergüten, unabhängig von den Arzt-Patienten-Kontakten
  2. Darüber hinaus sollen Ärzt:innen für die Nutzung der von den KVen für den Notdienst bereitgestellten Räume sowie für Personal und Betriebsmittel eine Gebühr bezahlen, auch dann wenn keine oder wenige Patienten behandelt wurden. Als äg Nord fordern wir, die Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes grundsätzlich aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung herauszunehmen und separat von den Krankenkassen (extrabudgetär) zu vergüten – also keinen Vorwegabzug aus der vertragsärztlichen Vergütung.
  3. Vertragsärzt:innen müssen den vertragsärztlichen Notdienst nicht persönlich erbringen, sondern können sich auch durch selbstgewählte und entsprechend qualifizierte Personen vertreten lassen. Den Mindeststandard an die Qualifikation einer solchen Vertretungskraft bestimmt die KV.

Ferner soll „klargestellt“ werden, dass es den KV’en möglich ist, nähere Bestimmungen zur Sicherstellung des Notdienstes einschließlich der Gewährung von Sicherheitspauschalen zu treffen. Fällt hierunter eine Bereitschaftspauschale?

Mit diesen Regelungen wird die organisierte vertragsärztliche Bereitschaftsdienststruktur in Frage gestellt, ja demontiert. Eine Anlaufpraxis und ein Fahrdienst in definierten Notdienstbezirken, mit einer Leitstelle des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, eine ärztliche Telefonberatung… was sich seit Jahren bewährt und die Ärzt:innen in den Praxen täglich entlastet hat, erschwert künftig den organisierten, strukturierten ärztlichen Bereitschaftsdienst. Das ist alles andere als eine Motivation für Ärzt:innen in die Niederlassung zu gehen. Schon jetzt finden Hausarztpraxen keine Nachfolge mehr und ein künftiges Notfallgesetz fordert noch zusätzliche Öffnungszeiten der Bereitschaftspraxen.

Als äg Nord fragen wir uns, warum macht man es den Vertragsärzt:innen so schwer? Mit dieser kleinkarierten Regelung wird es nicht leichter, sondern komplizierter. Wir fordern weniger Bürokratie und Administration, erreichen so aber das Gegenteil! Der momentan reduzierte Umfang des ärztlichen Bereitschaftsdienstes ist so räumlich und zeitlich nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Einfacher wäre es gewesen, wenn der Gesetzgeber den Poolärzten im Rahmen der Sicherstellung den gleichen Status wie den Rettungsärzten gegeben hätte und damit auch Beitragsfreiheit. Nun haben wir wieder zusätzlichen bürokratischen Aufwand und Verwaltung.

Dr. med. Axel Schroeder
Stv. Vorstandsvorsitzender Ärztegenossenschaft Nord

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