Von dem 18. August muss mehr als eine Botschaft ausgehen, Forderungen und Konsequenzen müssen genannt werden!
Als Ärztegenossenschaft Nord (ÄGN) haben wir schon im Herbst 2022 bis ins Frühjahr 2023 in einer konzertierten Aktion mit den fachärztlichen Berufsverbänden und Ärztenetzen in Schleswig-Holstein mit unserer Protestkampagne – nein zur Gesundheitsversorgung nach Kassenlage – die Fehlentwicklung in der Gesundheitsversorgung aufgezeigt, insbesondere in der ärztlichen ambulanten vertragsärztlichen Versorgung.
„Unsere Kampagne war erst der Anfang in Schleswig-Holstein und soll nicht die letzte gewesen sein. Nachdem wir die Probleme der ambulanten Versorgung der Vertragsärzte- und Psychotherapeutenschaft im Lande in den Fokus der Politik und der Gesellschaft gerückt haben, geht es nun, unsere Forderungen und Lösungsvorschläge in der Gesundheitsversorgung in die Öffentlichkeit zu bringen“, so der Vorsitzende Dr. Svante Gehring, Hausarzt.
Die Gesundheitsversorgung nach Kassenlage hat zunehmend unser ambulantes Versorgungssystem ausgezehrt, kaputtgespart. Mangelnde Wertschätzung von Politik und Gesellschaft für die Arbeit der Praxisteams.
„Wir sehen zunehmende Resignation und Flucht aus dem System mit spürbarem fehlenden ärztlichen Nachwuchs und drastisch steigendem Fachkräftemangel“, betont Dr. Axel Schroeder, stv. Vorsitzender der ÄGN. „Somit kippt letztendlich unser über Jahre bewährtes ambulantes Versorgungssystem in Deutschland“.
Ein „Weiterso“ kann und darf es nicht mehr geben, denn sonst bricht unser Gesundheitssystem in Anbetracht der Alterung der Gesellschaft zusammen. Das Hauptproblem ist die Demografie bei steigender Nachfrage und dem gegenüber eine Ruhestandswelle der Ärzt:innen bei mangelndem ärztlichen Nachwuchs und Fachkräften.
Hinzu kommen steigende Kosten im Gesundheitsbereich bei einer Inflation, steigende Praxiskosten und fehlender finanzieller Ausgleich. Die Honorarabschlüsse der letzten Jahre haben in keiner Weise die Defizite ausgeglichen. Die Krankenkassen kamen mit Nulllösungen und bringen in den ersten Gesprächen schon wieder solche Angebote in die Verhandlungen.
Unsere Forderungen an Politik und Krankenkassen
- Angemessenes Honorar. Wir fordern jetzt einen Honorarabschluss, der die Defizite der letzten Jahre ausgleicht und künftig uns in den Praxen eine nachhaltige, verlässliche Honorierung sichert. Die Unterfinanzierung der ambulanten medizinischen Leistungen müssen beseitigt werden. Diese Honorarlücke gilt es zu schließen. Um die steigenden Kosten der vergangenen Jahre in unseren Praxen auszugleichen, benötigten wir einen Anstieg des Orientierungspunktwertes von jeweils ca. 10% über die nächsten 4 Jahre! „Um die ambulante Versorgung mit zunehmend angestellten Ärzte:innen in Zukunft aufrechtzuerhalten, noch wesentlich mehr“, so S. Gehring! Keine jährliche rückwirkenden Honoraranpassungen. Wir brauchen eine nachhaltige Perspektive.
- Abbau von Bürokratie und Administration:
Wir fordern eine Abschaffung der Budgetierung für alle Vertragsärzte, der Bedarfsplanung und Anpassung der Zulassungsverordnung solange die Demografie in Deutschland unsere Gesellschaft fordert und überfordert. - Eine Digitalisierungsoffensive, die uns in den Praxen nützt!
Unsere Lösungsvorschläge:
- Politik muss sich von dem seit Jahren propagierten unbegrenzten Leistungsversprechen lösen.
- Wir sind z.B. für eine Steuerung der Patienten: Zunächst durch das Notfallsystem. Dazu gehört eine strukturierte Ersteinschätzung und die darauffolgende Zuordnung in die richtige Behandlungsebene. Patienten, die vorbei an dieser Steuerung eine Fehlbeanspruchung auslösen, müssen im Rahmen der Solidargemeinschaft eine Selbstbeteiligung tragen.
- Es gilt den Grundsatz ambulant vor stationär umzusetzen. In Deutschland wird nach wie vor zu viel stationär statt ambulant versorgt. Der medizinische Fortschritt, die Innovation, aber auch die personellen und finanziellen Ressourcen erfordern mehr ambulante Versorgung im Krankenhaus und in den Praxen.
- Die Intersektorale Versorgung, viel beschworen aber wenig umgesetzt, ermöglicht in der stationären und ambulanten Grundversorgung eine ressourcenschonende qualifizierte, flächendeckende medizinische Versorgung.
- Die gesetzliche Grundlage für die Ambulantisierung ist mit Paragrafen § 115 f geschaffen worden. Nur die gemeinsame Selbstverwaltung hatte den Auftrag, bis Ende März 2023 für bestimmte Leistungen eine spezielle sektorengleiche Vergütung zu vereinbaren, nicht erfüllt. Dies ist einzufordern.
- Neue Versorgungsformen, wie regionale Versorgung, Gesundheitsregionen, regionale Gesundheitszentren können zukünftige Modelle sein, die den Wettbewerb zwischen Ärztinnen und Ärzten im vertragsärztlichen Sektor und Krankenhäusern regelt. Die gilt es auszuprobieren.
Als Ärztegenossenschaft Nord begrüßen wir die Krisensitzung in Berlin und fordern die Ärzteschaft auf, geschlossen und entschlossen für Veränderungen in den nächsten Monaten zu kämpfen.
Für die Aufrechterhaltung einer qualifizierten, flächendeckenden Patientenversorgung!
Bad Segeberg, 17.08.2023
Pressekontakt:
Ärztegenossenschaft Nord eG,
Dr. Axel Schroeder, Vorstand
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