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Gesundheitsreform ist auch Ländersache

25.07.2024 | Gesundheitspolitik

Brief an alle Landtagsabgeordneten in Schleswig-Holstein

Noch vor der Sommerpause hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach per Kabinettsbeschluss Gesetze zur Gesundheitsreform in das Parlament eingebracht. Nun liegen bzw. kommen die Entwürfe des Krankenhausneuordnungsgesetzes, ein ambulantes Versorgungsstärkungsgesetz, eine Notfallreform und Pläne für Organspende, öffentliche Gesundheit, Digitales zur Beratung und Entscheidung im Deutschen Bundestag vor.

Als Landesregierung und Vertrer:innen des Landtages haben auch Sie eine gewisse Entscheidungs- und politische Gestaltungshoheit. Das nicht nur im Krankenhausbereich. Sondern auch in der medizinischen Ausbildung und Weiterbildung. Eine Novel-lierung der Approbationsordnung lässt schon lange in den Ländern auf sich warten und eine Verbundweiterbildung (Klinik und Praxis) wird nicht gefördert.

Die Entscheidung für eine umfassende Strukturreform in der stationären und ambulanten Gesundheitsversorgung liegt mit in Ihren Händen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, denn den Bürgern unseres Landes ist Gesundheit ein hohes Gut.

Wir Ärztinnen und Ärzte stellen uns dieser Verantwortung und fühlen uns unseren Patienten verpflichtet. Umso misslicher ist es, dass in dem Planungs- und Beratungs-prozess dieser Reformen die Ärzteschaft mit ihren praktischen Erfahrungen kaum ein-bezogen ist.

So kann eine umfassende Strukturreform im Sinne einer qualifizierten nachhaltigen Gesundheitsversorgung nicht gelingen.

Ja, wir sind seit langem der Überzeugung, dass es neue Strukturen in der medizinischen Versorgung bedarf, denn in Zeiten der begrenzten Ressourcen und steigender Inanspruchnahmen stößt eine qualifizierte medizinische Versorgung an ihre Grenzen:

  • Zu viel stationäre Behandlung auf Grund falscher struktureller Anreize.
  • Trotz medizinischen Fortschritts und Innovationen viel zu viel stationäre Leistungen statt ambulanter.
  • Ein unbegrenztes Leistungsversprechen seitens der Politik mit dem Resultat einer vermehrten Inanspruchnahme der Bevölkerung.
  • Mangelnde Steuerung der Patienten durch das Gesundheitssystem und zu wenig Eigenverantwortung der Bürger in puncto Gesundheit.
  • Eine belastende Administration und überbordende Bürokratie in unseren Praxen und Kliniken.

All das dürfte Ihnen bekannt sein, denn wir haben kein Erkenntnisdefizit. Wir Ärztinnen und Ärzte sehen aber bei fehlender Einbindung die Gefahr, dass bei den zahlreichen von uns erkannten Strickfehlern der Reformvorhaben am Ende mehr Schaden als Nutzen entsteht.

Wir setzen uns als Ärztegenossenschaft Nord (äg Nord) daher weiterhin ein für:

  • Krankenhausversorgungsgesetz: Ja zur Krankenhausplanung mit Bettenabbau, mehr Qualitätsanreizen, Zentralisierung und Spezialversorgung unter Berücksichtigung regionaler Erfordernisse.
  • Stärkung der wohnortnahen ambulanten haus – und fachärztlichen Grundversorgung.
  • Hin zu einer patientengeführten, sektorübergreifend fachärztlichen Versorgung im Sinne einer effizienteren Nutzung der Ressourcen bei Mangel an Ärztinnen/Ärzten und Fachkräften.
  • Flankiert von einem Modell einer freiwilligen primärärztlichen Versorgung.
  • Abschaffung der Budgetierung nicht nur bei den Hausärzten, sondern auch bei den Fachärzten, mit dem Ziel einer auskömmlichen Vergütung. Wir haben ein Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Ertrag.
  • Wir brauchen weniger Staat, weniger Bedarfsplanung und ein Bekenntnis zu arztinhabergeführten und freiberuflichen-selbständigen Praxen. Nur so können Ärztinnen und Ärzte auch wieder in die Gesundheitsversorgung verlässlich inves-tieren und nachhaltig gestalten. Die 4-tausend Arztpraxen sind kleine mittelständische Unternehmen und beschäftigen ca. 12-tausend Fachkräfte und Ärzt:innen.
  • Vermeidung doppelter Versorgungsebenen. Nichts anderes ist es, wenn man den Kliniken per Transformationsfond/Subventionen den Weg in die ambulante Versorgung erleichtert und der niedergelassenen Ärzteschaft weiter erschwert.
  • Rigoroser Abbau der Bürokratie und Administration.
  • Förderung von regionalen Gesundheitszentren in Kooperation mit weiteren Gesundheitsberufen über den Ausbau des Versorgungssicherungsfonds.

Als Landtagsabgeordnete stehen Sie, vor einer großen Herausforderung und Verantwortung. Nicht jeder von Ihnen ist Expert:in in der Gesundheitspolitik. Solidarität in der Fraktion ist nicht immer ein geeigneter Ratgeber.

Als Vorstand der Ärztegenossenschaft Nord stehen wir Ihnen bei Fragen und Anregungen auch gerne zur „Sommerpause“ und in den Ferien vor Ort zur Verfügung und würden ein Gespräch mit Ihnen begrüßen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Axel Schroeder
für den Vorstand der äg Nord

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