Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Praxisteams,
das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte im November 2020 bezüglich der Frage der Validierbarkeit der manuellen Desinfektion von semikritischen Medizinprodukten (wie u.a. Transvaginalsonden) mittels Wischtücher festgestellt, dass die Validierbarkeit der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten derzeit nicht gegeben ist.
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Aufb_MedProd/Aufb_MedProd_ node.html
Die für Medizinprodukte zuständigen obersten Landesbehörden und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben sich dieser fachlichen Einschätzung angeschlossen.
Epidemiologisches Bulletin 44/2021 (rki.de)
Was sind geeignete validierte Aufbereitungsverfahren?
Validierung ist ein dokumentiertes Verfahren zum Erbringen, Aufzeichnen und Interpretieren der Ergebnisse, die für den Nachweis benötigt werden, dass ein bestimmtes Verfahren bzw. ein bestimmter Prozess beständig (reproduzierbar) Produkte liefert, die den vorgegebenen Spezifikationen (spezifische Produktnormen) entsprechen. Damit ist eine Validierung der dokumentierte Nachweis der beständigen Wirksamkeit eines Aufbereitungsprozesses. Jede Aufbereitung soll daher ausschließlich mit validierten Prozessen erfolgen.
Rechtssichere, validierte Verfahren zur Aufbereitung von Ultraschallsonden
Ultraschallsonden werden fachübergreifend stationär und ambulant bei der diagnostischen als auch der interventionellen Sonographie eingesetzt. Es handelt sich um Medizinprodukte, die bei ihrer Anwendung mit einer Vielzahl problematischer Erreger in Kontakt kommen. Erreger auf endokavitären Sonden beispielsweise, wie sie in der Gynäkologie und Urologie verwendet werden, können nicht nur aus dem inneren und äußeren Genitalbereich stammen, sondern sogar aus der Darmflora, den Harnwegen und dem Perianalbereich. Wollte man deshalb alle als Kontaminanten von Ultraschallsonden möglicherweise in Frage kommenden Erregergruppen in einem Aufbereitungsverfahren erreichen, so müsste dieses bakterizid, mykobakterizid und sporizid sein. Zur Abtötung von Hefen wäre zudem eine levurozide Wirksamkeit und zur Inaktivierung von Viren eine viruzide Wirksamkeit gegen behüllte und unbehüllte Viren erforderlich. Darüber hinaus müssten Protozoen und gegebenenfalls sogar noch Wurmeier erreicht werden.
Desinfektionsmethode entscheidet über Patientensicherheit
Aus diesem Grund werden Ultraschallsonden entsprechend den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als kritische oder semi-kritische Medizinprodukte der Klasse A eingestuft.
Die für Medizinprodukte zuständige Arbeitsgruppe Medizinprodukte (AGMP), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Robert Koch-Institut (RKI) informierten Ende 2021 über das Landesamt für soziale Dienste (LAsD-SH) u.a. den Berufsverband der Frauenärzte Landesverband Schleswig-Holstein, zu den Änderungen ab 1.1.2022 und den Auswirkungen bei Praxisbegehungen.
Es wurde mit dem LAsD eine Übergangsfrist bis 1.7.2022 vereinbart, in der sich die Praxen, die Medizinprodukte semikritisch A aufbereiten, auf die geänderten Voraussetzungen vorbereiten konnten.
Das LAsD-SH berichtete in diesem Zusammenhang über die Praxisbegehungen in gynäkologischen Praxen 2020. In den inspizierten Praxen wurden die transvaginalen Ultraschallsonden ausschließlich manuell gereinigt und manuell desinfiziert. Alle Betreiber nutzten die Form der Wischdesinfektion mittels Tüchern. Von den Arztpraxen konnten 28% ein „überprüftes manuelles Aufbereitungsverfahren“ nachweisen. Bei 72% konnte dieser Nachweis nicht erbracht werden.
Der Berufsverband der Frauenärzte, Landesverband Schleswig-Holstein, hat zusammen mit der KVSH eine Abfrage in den gynäkologischen Praxen durchgeführt. Auch Anfang 2022 führen 96 % der Praxen eine Wischdesinfektion der Transvaginalsonden (TVS) durch, die weiteren Praxen führten entweder Tauchdesinfektion oder Desinfektion mit Trophon durch.
Auch bei dieser Abfrage konnte in den Ergebnissen bestätigt werden, dass das Qualitätsmanagement bzw. Arbeitsanweisungen, ein großes Problem in den Praxen darstellt oder die Umsetzung eindeutig mangelhaft ist.
Da eine finale Entscheidung zur Tauchdesinfektion einer TVS von der obersten Landesbehörde in Schleswig-Holstein bisher nicht vorliegt, wird sehr viel Wert auf das QM bei den Praxisbegehungen gelegt.
Anleitungen und wichtige Hilfestellungen für die Praxis finden Sie unter:
https://www.hygiene-medizinprodukte.de/fileadmin/user_upload/CoC_Hygieneleitfaden_2019_online.pdf
Empfehlungen für das QM:
Informieren Sie sich in der Gebrauchsanweisung und beim Hersteller Ihrer TVS, ob und welche validierbaren Desinfektionsverfahren für die TVS vorliegen. Achten Sie darauf, dass nur diese Angaben des Herstellers bei Schäden an der TVS durch Desinfektion haftungsrechtlich relevant sind.
Wenn eine manuelle Wischdesinfektion bei der Aufbereitung Ihrer TVS infrage kommt, erstellen Sie für jede Person, die für die Desinfektion zuständig ist, eine individuell abgestimmte und praktisch überprüfte Arbeitsanweisung.
Bitte berücksichtigen Sie bei der Arbeitsanweisung „Aufbereitungs-TVS“ den vollen Ablauf der Aufbereitung mit (Vorreinigung) Reinigung, Desinfektion, Nachbereitung, Lagerung. Bei der Abfrage der Praxen war der Prozess der Aufbereitung häufig nicht korrekt und zeigte, dass das Verfahren in vielen Praxen nicht etabliert ist. Ähnlich der fehlenden Struktur zum Ablauf fehlten Angaben zu benötigtem Material.
Die Sachkunde zur Aufbereitung von Medizinprodukten ist Voraussetzung und soll medizinischen Fachangestellten in Arzt- und Zahnarztpraxen alle notwendigen Kenntnisse zur Aufbereitung von Medizinprodukten vermitteln. Sie erlangen damit die erforderliche Sachkenntnis gemäß § 8 (4) MPBetreibV und der Anlage 6 der Empfehlung “Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten” der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Für die Praxis empfiehlt sich, dass die Praxisinhaber/in die Sachkunde erwirbt. Dann bleibt die Qualifikation der Praxis bei Ausscheiden einer Mitarbeiterin erhalten. Die Praxisleitung kann anleiten und delegieren.
Anlage als PDF „Ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit“